Richard Hartmann
Richard Hartmann war der Begründer der größten sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz. Er wurde am 8. November 1809 in Barr im Elsaß geboren und stammt aus einer weinbäuerlichen Familie. 1823 begann er mit der Schulausbildung im französischen Louneville. Nach zwei Jahren kehrte er nach Barr zurück und begann eine Lehre als Zugschmied. Er beendete seine Lehre erfolgreich und ging im Juli 1830 auf Gesellenwanderschaft. Er kam über Straßburg, Karlsruhe, Mainz und Eisenach nach Chemnitz (März 1832). Hier fand er, im damals größten Industrieunternehmen C. G. Hauboldt, schnell Arbeit. Er arbeitete sich rasch zum Meister empor. Zusammen mit seinem Freund Illig verbrachte er den größten Teil seiner Freizeit bei dem Zugschmied Kniereim.
Dort baute er auch seine erste eigene Maschine, eine Schraubenschneidemaschine. Am 13. März 1837 kauften sich die beiden Freunde an der Annaberger Straße ein kleines Haus mit Werkstatt. Hartmann heiratete später Bertha Oppelt. 1838 kam sein Sohn zur Welt. Im gleichen Jahr wurden auch die ersten Baumwollspinnmaschinen hergestellt. Mit dem Bau von Dampfmaschinen begann er im Jahr 1840. Durch den englischen Ausfuhrstopp und einer erhöhten Nachfrage steigerte sich die Produktion in der kleinen Firma gewaltig, so dass Hartmann auf die Leipziger Straße umzog (die heutige Hartmannstraße). Im Jahre 1847 begann er mit dem Lokomotivbau, womit Hartmann in die Industriegeschichte einging. Seine erste Lokomotive „Glück Auf“ wurde am 5. Januar 1848 fertig gestellt. Innerhalb von zehn Jahren wurden 100 weitere Lokomotiven hergestellt, und die hartmannschen Maschinen erlangten immer größer werdenden Ruhm im In- und Ausland. Durch seine Verdienste in der Industrie wurde er zweimal vom sächsischen König ausgezeichnet. 1851 eröffnete er eine eigene Gießerei, so wurden die Hartmannchen Werke zu einem vertikalen Betrieb. Am 1. April 1870 schlossen sich seine Werke mit einem Kapital von 3 Millionen Taler zu einer Aktiengesellschaft zusammen.
Die Werke wurden in fünf Hauptbereiche aufgeteilt:
- Lokomotivbau
- Werkzeugmaschinenbau
- Dampfmaschinenbau
- Spinnereimaschinenbau
- Webstuhlbau
Die Richard-Hartmann-Werke um 1900
All diese Betriebsteile behielten eine führende Rolle in Sachsen inne. Hartmann selbst blieb bis an sein Lebensende mit einem hohen Eigenkapital an der AG beteiligt. Am 16. Dezember 1878 erlag Hartmann einem Schlaganfall. Er förderte durch seinen Unternehmergeist die industrielle Revolution in Sachsen und gilt deshalb bis heute als Industriepionier.
Seine Unternehmenspolitik
Richard Hartmann hat sich durch seine gemeinnützige und sozial engagierte Unternehmenspolitik einen großen Namen verschafft. Seit der Einstellung von ersten Arbeitskräften wurden die Arbeiter gleichbehandelt. Er schätzte den Wert der Arbeit sehr, da er selbst als einfacher Geselle begonnen hatte. In nationalen Krisensituationen, wie nach der Revolution 1848, entließ er niemanden. Er wusste, daß er vielen den einzigen Lebensunterhalt gab. Er stellte sogar seine Produktion von Maschinen kurzzeitig auf Holzschuhproduktion um, damit alle Arbeitsplätze erhalten blieben. Bei der Taufe seiner ersten Lokomotive durften alle Arbeiter an dem Fest teilnehmen. Die Mitarbeiter fühlten sich somit als vollwertige Arbeiter und ihr Selbstbewußtsein und die Moral wurden gestärkt. Wenn Hartmann von der Begabung eines einzelnen hörte, unterstützte er diesen finanziell, wenn der Betreffende keine entsprechenden Mittel besaß. Außerdem war er technischer Ratgeber für viele Arbeiter und ihre Probleme. Besonders hervorzuheben ist, daß Hartmann eine Krankheits- und Unfallkasse gründete. Die Arbeiter erhielten also auch Geld bei Arbeitsausfällen, durch Unfälle oder Krankheiten. Die Kasse war zur damaligen Zeit die erste und einzigste in unserer Region. Dieses stellte – bei der Abwendung von negativen Folgen der industriellen Revolution – einen großen Fortschritt dar. Er gründete außerdem Wohnsiedlungen, in denen seine Arbeiter preiswert eine gute Unterkunft bekamen. Weiterhin ist noch zu nennen, daß er in seinem Testament riesige Geldsummen an Gymnasien und Gewerbeschulen vermachte. Er wollte somit die Begabten fördern, denen sonst solche Einrichtungen aus finanziellen Gründen verweigert geblieben wäre, um den Facharbeiter- und Ingenieurnachwuchs für die Region zu sichern.
Peter Weimann, Klasse 12/5, 1995/96